Was ist nun zu tun? Wie ist bei dieser Aufgabenstellung vorzugehen? Wie ein riesiger Berg stand eine Vielzahl an Themen und Aufgaben vor Philipp Muster, die für ein derartiges Projekt, des neuen, modernen Internet-Auftritts, zu beachten sind. Doch welche sind dies? Was ist bei diesen Themen und Aufgaben zu beachten, was auf keinen Fall zu vergessen. Also gut, hier ist Hilfe nötig.

Nach kurzem Blättern in seinem Notizbuch fand Philipp die Nummer eines ehemaligen Studienfreundes. Thomas Kasten war nach dem Studium als Junior-Berater zu einer mittelständischen Unternehmensberatung gegangen. Die e-Con beschäftigte sich mit der Implementierung von IT-Systemen und ist auch im E-Business aktiv. Wenn Thomas nicht helfen konnte, wer dann?

Das erste Telefonat dauerte nur wenige Minuten, denn Thomas war auf dem Weg in ein Kundengespräch. Allerdings versprach er, sofort ein paar Informationen per E-Mail zu schicken. „Damit du einen Grund hast, noch einmal anzurufen“, meinte er hörbar schmunzelnd.

„Es handelt sich um eine Case Study, die sehr knapp darstellt, wie ein E-Business-Projekt aussehen kann. Später bekommst du dann zusätzliche Infos. Ansonsten schau doch mal in die Unterlagen, die wir während des Studiums in einem Seminar ‚Projektmanagement‘ erhalten haben. Da ist zumindest die theoretische Basis gut dargestellt“, sagte er abschließend.

Die Seminarunterlagen waren schnell gefunden, und Philipp fragte sich, warum er nicht selbst daran gedacht hatte. Aber gut, was sind die Grundlagen des Projektmanagements?

1.1 Was ist ein Projekt?

Projektmanager:in Video

Lehrvideo Was ist ein Projekt?

Zuordnung: Studienbrief Vorbereitung

Abschnitt 1.1

Projektmanager:in Video

Lehrvideo Projektstrukturplan

Zuordnung: Studienbrief Vorbereitung

Abschnitt 1.1

Dem Begriff des Projektes begegnen wir jeden Tag. Schüler müssen Lernprojekte durchführen, in der Zeitung lesen wir über Entwicklungshilfeprojekte, und große Bauvorhaben werden ebenfalls als Projekte bezeichnet. Besondere Bedeutung haben Projekte und Projektarbeit im Wirtschaftsleben erlangt. So ziemlich jedes Vorhaben, das nur geringfügig vom Alltag oder bisher Erlebtem abweicht, wird als Projekt bezeichnet. Sind dies aber wirklich alles Projekte?

Lassen Sie uns den Projektbegriff einmal von Grund auf entwickeln. Das Wort Projekt kommt aus dem Lateinischen und bedeutet etwa Entwurf, Plan oder Vorhaben.

Da wir in Deutschland leben, gibt es natürlich auch eine Norm. Das Deutsche Institut für Normung hat in der DIN 69901 eine weitergehende Definition von Projekten vorgenommen. Demnach ist ein Projekt ein Vorhaben, das durch eine Reihe von Faktoren gekennzeichnet ist:

  • Einmaligkeit der Bedingungen in ihrer Gesamtheit
  • Zielvorgabe
  • Zeitliche Begrenzung
  • Begrenzungen finanzieller, personeller oder anderer Art
  • Abgrenzung gegenüber anderen Vorhaben
  • Projektspezifische Organisation

Die genannten Faktoren für Projekte sollen im Folgenden genauer diskutiert werden:

Damit ist gemeint, dass es sich um ein besonderes Vorhaben handelt. Es unterscheidet sich von Routinearbeiten und wird nicht ständig wiederholt.
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Beispiel

In einem Betrieb werden die verschiedenen Abteilungen über ein Intranet und geeignete Software vernetzt. Die Einführung des Systems ist einmalig und damit ein Projekt. Updates des Systems sind dagegen Routinearbeiten, auch wenn sie nur gelegentlich anfallen.

Es werden klare, d. h. messbare Vorgaben erstellt, welche Ziele das Projekt verfolgen soll. Am Projektende muss eindeutig erkennbar sein, ob die Ziele erreicht wurden oder nicht. Bestehen Zweifel bezüglich der Zielerreichung, muss das Projekt als gescheitert betrachtet werden.
Zu einem Projekt gehört ein klarer Zeitplan. Es wird festgelegt, wann die Arbeit beginnt und bis wann sie beendet sein muss, d. h., es existieren ein klarer Start- und Endtermin. Dem Projekt werden darüber hinaus ein definiertes Budget und ein Projektteam zugeordnet.

Bei der Festlegung des Budgets ist allerdings zuerst die Frage nach dem erwarteten Nutzen des Projektes zu stellen. Erst wenn Nutzen und Kosten (Budget) gegeneinander aufgewogen werden, kann eine Entscheidung über den Sinn eines Projektes gefällt werden.
Die Organisation von Projekten unterscheidet sich von der anderer Arbeiten in mehrfacher Hinsicht. So arbeiten häufig Menschen unterschiedlicher Herkunft (Firmen) und mit unterschiedlichen Kenntnissen (Interdisziplinarität) in einem Team zusammen. Auf Grund der spezifischen Randbedingungen muss diese Arbeit für jedes Projekt individuell organisiert sein.

In Projekten wird zwischen Aufbau-Organisation und Ablauf-Organisation unterschieden. Die Aufbau-Organisation fragt vor allem danach: „Wer macht was und ist wofür verantwortlich?“ Die Ablauf-Organisation fragt nach dem Vorgehen und den Zwischenergebnissen.

Neben den in der DIN-Definition genannten Merkmalen für Projekte gibt es noch weitere, die in unterschiedlicher Ausprägung auftreten können:

  • Der Faktor Komplexität der früher in der Norm enthalten war, ist inzwischen gestrichen, trotzdem soll er hier erwähnt werden; denn die Bedeutung eines Projektes steigt in der Regel mit der Komplexität der Aufgabe. Die Definition von Komplexität in Zusammenhang mit Projekten ist nicht leicht, da sie mehrere Bereiche umfasst. Neben der Komplexität der Aufgabe selber sind hier vor allem die Zahl und der Grad von Verflechtungen und Abhängigkeiten in einem Projekt zu nennen.
  • Die zu lösenden Probleme sind neuartig und unbekannt. Die Neuartigkeit eines Projektes kann sich sowohl auf organisatorische, technische oder verfahrensmäßige Aspekte beziehen. Umso mehr mit dem Projekt Neuland beschritten wird, umso größer werden die Unsicherheit und die Unvorhersehbarkeit. In diesen Fällen kommen dem Controlling des Projektablaufes und dem Risikomanagement besondere Bedeutung zu.
  • Viele Projektaufgaben haben interdisziplinären Charakter, d. h. die Zusammenarbeit über Abteilungen, Firmen und Fachgebiete hinweg ist für den Erfolg zwingend notwendig. Häufig führt der interdisziplinäre Charakter zu Problemen, die bereits beim Projektstart identifiziert und geklärt werden sollten. Neben Zielkonflikten und Zuständigkeitsproblemen treten Verständigungsschwierigkeiten als besonders häufige Probleme auf.
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    Beispiel für Verständigungsschwierigkeiten

    Das Ziel eines privaten Projektes ist die Einrichtung einer eigenen Homepage. Der gewählte Anbieter stellt im Internet alle notwendigen Hilfsmittel zur Verfügung, u. a. auch die Anleitung zur eigenständigen Einrichtung der Homepage. Auszug: „ … Die Vorgehensweise bei der Einrichtung eines eigenen Primary Nameservers in der Erstkonfiguration ist wie folgt:
    • Damit der E-Manager auf die Ressourcen des SCCM zugreifen kann, ist eine neue ‚Primäre Seite‘ anzulegen. Der Menüpunkt ist zu finden: Administration – SCCM – Primay Sites – New Primary Site
    • Es öffnet sich ein Fenster, in dem die SCCM-Parameter eingetragen werden. Diese Daten beziehen sich auf bereits installierte SCCM Umgebung die hier verlinkt werden soll, keine EM Datenbank wird hier eingetragen.
    • Der SCCM Account muss mindestens die Rechte ‚Application Administrator‘, ‚Asset Manager‘, ‚Operating System Deployment Manager‘ und ‚Software Update Manager‘ innerhalb SCCM haben.
    • Der Account für den Zugriff auf die Datenbank muss mindestens die Rechte ‚db_datareader‘ und ‚db_datawriter‘ haben
    • An dieser Stelle wird auch der SQL Link auf dem SQL Server des EM angelegt. Dafür sind ‚sa‘ Rechte auf der SQL Instanz erforderlich. Der Account der Linkerstellung ist der SQL Account, der bei der Installation des EM-Servers angegeben wurde. Ohne die sa-Rechte wird die Einstellung der Primary Site fehlschlagen.“

      Es ist schwer zu begreifen, was an welcher Stelle was zu tun ist. Wenn man jetzt noch bedenkt, dass der zitierte Text aus einer Kundeninformation (wohlgemerkt Endkunden = Nutzer) eines erfolgreichen Dienstleistungsunternehmens stammt, kann man sich vorstellen, welche Probleme zum Beispiel bei der Einführung eines IT-Netzwerks in einer Unternehmensverwaltung auftreten können.

      Verständigungsschwierigkeiten treten aber nicht nur im IT-Bereich auf. Beispiele für andere problematische Paarungen sind: Techniker-Kaufleute, Forschung-Produktion, Projektleiter-Abteilungsleiter in der Linie usw. Besondere Aufmerksamkeit ist auch Verständigungsfragen zu widmen, die aus dem Faktor Macht (informell oder Position) resultieren.
  • Alleine die Tatsache, dass ein Projekt initiiert wird, zeigt, dass die Erreichung der Projektziele eine besondere Bedeutung für den Auftraggeber hat. Im Extremfall kann der Erfolg eines Projektes über die Existenz eines Unternehmens entscheiden.
  • Das Risiko eines Projektes resultiert aus der Gefahr, dass Projektziele falsch definiert wurden oder nicht erreicht werden. Es ist zwischen technischen, finanziellen und sonstigen Risiken zu unterscheiden. Technische Risiken können aus neuen Produkten, Anwendungen, Verfahren oder Technologien erwachsen. Finanzielle Risiken können eine Folge von Konventionalstrafen, Währungsschwankungen oder Produkthaftung sein. Sonstige Risiken sind vielfältig. Hierzu gehören beispielsweise Unklarheiten bezüglich behördlicher Genehmigungen, Altlasten auf Baugrund, Marktveränderungen während der Projektlaufzeit und vieles mehr.

    Dem Risikomanagement kommt in der Projektarbeit somit besondere Bedeutung zu. Sowohl interne Risiken im Projekt selbst als auch die von außen auf das Projekt wirkenden Risiken sind bereits in der Anfangsphase zu beachten. Bei den Projektverhandlungen sollte auch auf die Behandlung möglicher Risiken eingegangen werden.
  • Alleine aus Neuartigkeit, Risiko und Unsicherheit, die mit der Projektarbeit verknüpft sind, erwächst für die Projektbeteiligten ein besonderer Druck. Es gibt weniger Möglichkeiten, einen „Alltag“ zu entwickeln, da das Arbeitsumfeld sehr variabel ist. Hinzu kommt häufig die Ungewissheit, wie die eigene berufliche Entwicklung nach Abschluss des Projektes aussieht. Nicht zu unterschätzen ist auch der Zeitdruck, der in den meisten Projekten herrscht und Mitarbeiter besonders fordert.
  • In einer Welt, die immer mehr zusammenrückt, nimmt die Bedeutung internationaler Projekte zu. In internationalen Projekten sind sowohl die technischen Aspekte, wie etwa Zoll-, Steuer- und Gesetzesfragen, als auch die Auswahl der Mitarbeiter (Sprachkenntnisse, Mentalität, Mobilität) Punkte, die besondere Aufmerksamkeit erfordern.
  • Da Projekte einmalige und außerplanmäßige Vorhaben sind, zielen sie in der Regel auf eine Innovation. Es werden neue Lösungen für Probleme gesucht oder innovatorische Maßnahmen vollzogen.

Lassen Sie uns die wichtigsten der genannten Charakteristika von Projekten nochmals zusammenfassen. Projekte zeichnen sich insbesondere durch folgende Faktoren aus:

  1. Einmaligkeit des Vorhabens
  2. Zeitliche und finanzielle Begrenzungen
  3. Klare Ziele
  4. Komplexität
  5. Übergreifende Organisation in Bezug auf Hierarchien und Sachgebiete
  6. Risiko und besonderer Druck für die Beteiligten
  7. Innovation

1.2 Gründe für Projektarbeit

Die Geschichte der Projektarbeit ist lang. Bereits der Bau der Pyramiden oder der großen Kathedralen im Mittelalter zeigten alle Merkmale, die Projekten auch heute noch zugeschrieben werden. Insbesondere beim Pyramidenbau wurde schon einiges dokumentiert, diese Dokumentationen enthielten Informationen zum Fortschritt des Projekts und zum Arbeitslohn. Bemerkenswert auch, dass eine Art Risikobetrachtung, so etwas wie Krisenmanagement im Falle des vorzeitigem Ablebens des Pharaos eingeplant wurde.

Die Entwicklung des modernen Projektmanagements begann in der Mitte des 20. Jahrhunderts. Der Bau der Atombombe (Manhattan-Projekt) oder der Marshall-Plan können als Vorreiter betrachtet werden. Populär wurden Projekte mit dem Apollo-Programm der NASA oder militärische Projekte. Diese waren mit der Entwicklung spezifischer Planungs- und Durchführungsinstrumente gekoppelt, die auch zunehmend den Weg in die Wirtschaft fanden.

Mit der Entwicklung der Informationstechnologie ist Projektarbeit inzwischen zur bevorzugten Arbeitsform geworden. Die Neuartigkeit von beispielsweise Cloudlösungen für die Datenspeicherung und globale Datenpräsenz von interaktiven E-Commerce-Projekten, die insbesondere aus der Individualität des einzelnen Kundenprojektes und der schnellen technischen Entwicklung resultieren, lassen traditionelle Organisationsformen und Arbeitsprozesse kaum noch zu.

Der Weg vieler Unternehmen weg von hierarchischen Strukturen und hin zu kooperativen und teamorientierten Arbeitsformen hat die Verbreitung von Projekten unterstützt. Die aktuellen Entwicklungen, die immer schnellere Reaktionen in globalen Märkten erfordern, fördern die Organisation der Arbeit in Projekten zusätzlich. Keine andere Organisationsform erlaubt es, so schnell und innovativ zu arbeiten. Dies ist ein entscheidender Vorteil in einer Zeit, in der gilt: Auf Dauer werden nur die Unternehmen erfolgreich sein, die sich schnell und flexibel den ständig wechselnden Marktbedingungen, d. h. jedem einzelnen Kunden, anpassen können. Der Abschied von der Massenproduktion hin zu kundenorientierter Fertigung mit immer kürzeren Produktlebenszyklen geht also nicht zufällig mit einer Zunahme von Projektarbeit einher.

Gründe für Projektarbeit
Abbildung 1 Gründe für Projektarbeit.

Anzeichen, bei deren Auftreten man an die Einrichtung eines Projektmanagements denken sollte, sind:

  • Kürzere Lebensdauer vorhandener Produkte und des Know-hows erfordert Anpassungen, die durch eine Linienorganisation zunehmend unzureichend bewältigt werden.
  • Komplexe Aufgaben können in der herkömmlichen Organisation nicht mehr oder nur unzureichend gelöst werden.
  • Keine Organisationseinheit, die übergreifend für das gesamte Vorhaben die Verantwortung innehat.
  • Kosten- und Zeitpläne sind durch ungenaue Planung und unklare Verantwortungen überschritten worden.
  • Vorhandene Ressourcen (personell, materiell, Know-how) werden nicht optimal genutzt.

1.3 Projektarten

Projekte unterscheiden sich auf Grund ihres Umfangs, der Komplexität, der Randbedingungen und anderer Faktoren. Ihre Einteilung in Klassen kann aus verschiedenen Blickwinkeln vorgenommen werden.

Wird die Entscheidung für das Projekt innerhalb einer Organisation getroffen, spricht man von internen Projekten, wird die Entscheidung außerhalb getroffen, von externen Projekten.

Beispiele für interne Projekte sind die Entscheidung zur Einführung eines EDV-Systems oder neuer Produktionsverfahren. Typische externe Projekte sind Bauvorhaben aus dem Maschinen-, Schiffs- oder Hausbau. Derartige Projekte werden im Kundenauftrag ausgeführt.

Geht die Klassifizierung von den Inhalten aus, kann zwischen Forschungs- und Entwicklungsprojekten, Investitionsprojekten und Organisationsprojekten unterschieden werden.

Forschungs- und Entwicklungsprojekte zielen auf die Erlangung neuer Kenntnisse und die Entwicklung neuer Technologien oder Produkte. Sie kombinieren in besonderem Maße geistig-kreative Prozesse mit experimentellen Arbeiten. In Investitionsprojekten werden neue Werte in Form von Maschinen, Bauten oder anderen Sachanlagen geschaffen. Organisationsprojekte sind durch die Entwicklung beziehungsweise Veränderung von Aufbau- und Ablaufstrukturen gekennzeichnet.

Bei den genannten Unterscheidungen wurden nur die Sachinhalte berücksichtigt, nicht jedoch die sozialen Aspekte der Projektarbeit. In der Abbildung 2 wird daher die „soziale Komplexität“ als zusätzliche Komponente eingeführt. Projekte mit kleinen Teams, die sich sogar persönlich kennen, weisen eine andere Qualität ihrer Zusammenarbeit auf als solche, die von fach- und organisationsübergreifend „zusammengewürfelten“ Teams durchgeführt werden sollen. Wenn es allerdings gelingt, ein fachlich und sozial übergreifend organisiertes Team zielorientiert in Bewegung zu setzen, sind die zu erwartenden Ergebnisse umfassender und innovativer. Die Leistung eines Teams ist größer als die Summe der Einzelleistungen.

Bei dieser Betrachtung darf nicht nur das direkte Teamumfeld betrachtet werden. Existieren Beziehungen zu anderen Gruppen in einem Projekt (Auftraggeber/Dienstleister), sind diese in die Betrachtung eines Teamumfeldes mit einzubeziehen.

Ein Aspekt, der ganz entscheidend vom Miteinander im Projektteam abhängig ist, ist der Ablauf einzelner Arbeiten. In der klassischen Linienorganisation werden die einzelnen Arbeitsschritte sequenziell, d. h. hintereinander durchgeführt. Neben den üblichen Reibungsverlusten durch Abteilungsdenken und hierarchische Gräben werden die Aufgaben relativ langsam erledigt. In Projekten können viele Arbeitsschritte parallel bearbeitet werden, und eine offene und direkte Kommunikation nutzt das vorhandene Know-how besser. Zeit und Geld werden gespart, und die Arbeit ist motivierender.

Soziale Komplexität und Aufgabenstellung in Projekten
Abbildung 2 Soziale Komplexität und Aufgabenstellung in Projekten

Gerade der Aspekt Kommunikation verdient eine genauere Betrachtung. In den meisten Unternehmen und noch stärker in Behörden, erfolgt Kommunikation zwischen den Organisationseinheiten. Nachrichten, Arbeitspakete usw. werden somit sequenziell bearbeitet. Neben dem unvermeidlichen Zeitverzug besteht das Risiko des Stille-Post-Effektes. Informationen können ganz oder teilweise versickern, und Inhalte stimmen beim Empfänger nicht unbedingt mit denen beim Absender überein. Innerhalb der Projektteams dagegen werden Informationen zwischen den Beteiligten direkt weitergegeben, d. h. schneller und authentischer.

1.4 Erfahrungen mit der Projektarbeit

Nach so viel Theorie beschloss Philipp, sich am Wochenende einmal im Internet über die praktischen Erfahrungen im Projektmanagement zu informieren. Er wurde schnell fündig.

Die Erfahrungen mit Projektarbeiten sind sehr unterschiedlich. Viele der bisher verfolgten Projekte sind mehr schlecht als recht verlaufen. Wer kennt nicht diejenigen Bauvorhaben; deren Budgets um 50 bis zu mehreren 100 Prozent überschritten werden, wie das Budget der Elbphilharmonie oder des Berliner Flughafens BER. Auf der anderen Seite stehen Beispiele erfolgreicher Projektarbeit, in denen die jeweiligen Teams Aufgaben gelöst haben, die im Vorfeld als kaum machbar galten. Das Potenzial ist also enorm, es muss nur genutzt werden.

Nach einer Untersuchung der GPM (Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e.V.) nehmen Größe, Anzahl und Bedeutung der Projekte in allen Bereichen der Wirtschaft und Verwaltung ständig zu.

Es sind jedoch nur 67 Prozent aller untersuchten Projekte im Rahmen der gesetzten Ziele bezüglich Budget, Zeit und Qualität geblieben. Damit war jedes dritte Projekt nicht erfolgreich.

In der GPM Studie: „Erfolg und scheitern im Projekt“ von 2008, welche in Zusammenarbeit mit der PA Consulting Group durchgeführt wurde, ergaben sich drei Handlungsfelder, denen die Unternehmen besondere Beachtung schenken sollten, da der Erfolg eines Projektes am stärksten von diesen Faktoren abhängig ist:

  • Starke und in die Organisation integrierte Projektleiter
  • Klare Ziele
  • Gute Kommunikation

Ein organisatorisches Problem liegt nach dieser Studie darin, dass gesamte Projektorganisation als nicht transparent und mit einem geringen Bekanntheitsgrad im Vergleich zur Linienorganisation beschrieben wird.

Erfolgsfaktoren für Erfolg/Misserfolg von Projekten
Abbildung 3 Erfolgsfaktoren für Erfolg/Misserfolg von Projekten. Die Qualifikation der Mitarbeiter, Kommunikation und Zieldefinition bestimmen am häufigsten den Erfolg (oder Misserfolg) der Projekte (Aus der GPM-Studie / PA Consulting Group, PM, von 2008)

Unklare Anforderungen und unklare Ziele stehen zusammen mit mangelnder Kommunikation an der Spitze der Liste von Misserfolgsfaktoren bei gescheiterten Projekten. Obwohl viele Unternehmen über standardisierte Prozesse und Dokumentationen verfügen, ist dem Verständnis der Befragten nach hier eine wesentliche Ursache für das Misslingen von Projekten zu suchen. Ein weiterer Punkt, der zum Scheitern von Projekten ursächlich beiträgt, sind die Bereichsegoismen oder interne Kompetenzstreitigkeiten, diese führen beim Projektleiter zur Problematik, dass er unzureichende Informationen über seinen konkreten Auftrag hat und bei der Durchführung nicht genügend Unterstützung erfährt.

Schaut man sich die Aussagen in den Umfragen genauer an, stellt man schnell fest, dass die Projektinhalte mit dem Projekterfolg nur wenig zu tun haben. Projekte scheitern vor allem an Menschen, können aber auch nur durch Menschen zum Erfolg gebracht werden.

Erinnern wir uns daran, wer an einem Projekt überhaupt beteiligt ist. Neben der Projektleitung und den Projektmitarbeitern sind hier vor allem Auftraggeber, Nutzer und externe Partner zu nennen. All diese Gruppen verfolgen ihre eigenen Interessen und haben ihre eigenen Erwartungen. Diese Interessen und Erwartungen stimmen nicht notwendigerweise miteinander überein und spätestens, wenn sie nicht oder nur unzureichend geklärt und in Übereinstimmung gebracht werden, sind Konflikte und Probleme vorprogrammiert.

Der erste Schritt zum Projekterfolg kann somit der sein, sich darüber klar zu werden, welche Erfolgsfaktoren für das aktuelle Projekt besonders wichtig sind. Häufig hilft es auch, sich zu fragen: „Wie kann das Projekt zum Scheitern gebracht werden?“ Es gibt viele Möglichkeiten, aber mit denen, an die Sie bereits gedacht haben, können Sie leichter umgehen.

Philipp war nach dem Studium dieser Erfahrungen sehr nachdenklich geworden. Aber immerhin. Er konnte aus den Mängeln und Fehlern anderer nur lernen. Unrichtige und unklare Ziele wurden am meisten als wesentliche Ursache für das Misslingen von Projekten genannt. Er nahm sich deshalb vor, als erstes die Bestimmung und exakte Beschreibung der Ziele des Projektes voranzubringen. Und dann nahm er sich noch einen Zettel und notierte weitere Überlegungen, mehr Fragen als Antworten, wie er einem Misserfolg vorbeugen wollte. Er nannte die Liste „Erfolgsfaktoren“

Tabelle 1 Erfolgsfaktoren
Klare Ziele –Das richtige Ziel auswählen
– Das Ziel richtig beschreiben
– Zieldefinition ist Gradmesser des Projekterfolgs
Unterstützung durch Topmanagement und Stakeholder – Entscheider können das Projekt fördern oder blockieren
– Kurze Entscheidungswege organisieren
– Bei Entscheidungsverzug droht Stillstand
– Notwendige und hinreichende Ressourcen bestätigen lassen
Einbeziehen aller Projektbeteiligten – Wer ist betroffen, arbeitet mit, muss informiert werden und wer entscheidet was?
– Wie überwinde ich Widerstände im Umfeld (Analyse)?
– Risiken analysieren
Projektleitung – Projektleiter ist zentrale Persönlichkeit für den Projekterfolg
– Ich benötige Akzeptanz im Unternehmen und im Projektteam
– Dafür benötige ich fachliche, Projekt- und soziale Kompetenz
– Ich muss lernen zu führen: Ziele setzen, delegieren, informieren, kontrollieren
Projektmitarbeiter (Team) – Richtige Mitarbeiter auswählen und qualifizieren
– Rahmenbedingungen schaffen, mit denen aus einer Gruppe einzelner Mitarbeiter ein auf das Ziel eingeschworenes Team wird
– Arbeitsklima gestalten, das die individuellen Kenntnisse undFähigkeiten, die Kreativität und den Leistungswillen der Mitarbeiter fördert
Kommunikation – Wie kommunizieren wir im Team?
– Informationsinhalte und -wege im Unternehmen bestimmen
Organisation – Einordnung des Projektes in die bestehende Organisation des Unternehmens?
– Wie wird ein effektiver und effizienter Ablauf des Projektes gesichert?
Planung – Projektaufgabe klar strukturieren
– Von der Zielstellung zum Arbeitspaket
– Planung so genau wie möglich und so detailliert wie nötig
– Welche Ressourcen müssen geplant werden?
– Welche erprobten Werkzeuge und Verfahren für die Planung gibt es?
Steuerung Controlling – Alles, was delegiert wurde, muss auch kontrolliert werden
– Nie das Ziel aus den Augen verlieren!
– Über Stichproben Meilensteine stets den Überblick behalten
– Abweichungen rechtzeitig erkennen, notwendige Eingriffe vornehmen, ggf. Änderungen beantragen

An dieser Stelle meldete sein Rechner den Eingang einer neuen Nachricht. Es war die E-Mail, die Thomas angekündigt hatte.

Case Study
Mail mit Anhang CaseStudy.docx (24Buy24):
Anhang CaseStudy.docx (24Buy24)

Der Kunde

Die 24Buy24 GmbH betreibt eine virtuelle Shopping-Mall mit mehr als 20 integrierten Partnern und über fünf Millionen angebotenen Produkten. Die 24Buy24 GmbH erweitert ihre Internet-Strategie um einen E-Commerce-Service, der neben dem Online-Shopping den Fokus auf den Service am Kunden legt, beispielsweise durch E-Commerce-affine Entertainment-Inhalte und Community.

Die Aufgabe

Ein Neustart, ein Relaunch des Internet-Auftritts der 24Buy24 GmbH

  • Ausgerichtet auf eine Zielgruppe mit tendenziell wenig/gelegentlicher www-Erfahrung
  • Entwicklung eines neuen zeitgemäßen Online-Designs unter Integration der ebenfalls einem Relaunch unterzogenen neuen Marke. Berücksichtigung der beim User etablierten bisherigen Oberfläche und ihrer charakterisierenden Design-Merkmale (Fotorealismus), Verkürzung der Ladezeit
  • Optimierung der Informations-Architektur und der Navigation
  • Inhaltliche Beratung und Entwicklung von neuen Service- und Beratungstools

Die Umsetzung

  • Neugestaltung der Homepage: Neuinterpretation der Markenwerte, Optimierung der emotionalen Attraktivität und Erleichterung der Navigation, Ergänzung um interaktive Bestandteile
  • Erhebliche Reduktion der Ladezeit trotz umfangreichen Einsatzes von Video und Grafiken
  • Neustrukturierung der Inhalte mit klarer Trennung von Branding, Navigation, permanenten und aktuellen/temporären Inhalten
  • Entwicklung und Umsetzung eines Konzepts für den einheitlichen Aufbau von Folgeseiten für die leichte redaktionelle Pflege und maximale inhaltliche Skalierbarkeit
  • Beratung und Umsetzung von Service-Funktionen wie komplexen Suchmaschinen oder eines animierten künstlichen, interaktiven Verkaufsberaters
  • Konzeption eines effizienten Redaktionsprozesses und Entwicklung eines individuellen, auf diesen Prozess maßgeschneiderten Redaktionssystems mit der Möglichkeit, es an weitere Redaktionssysteme des Hauses anzubinden

Das Ergebnis

Der Internet-Auftritt der 24Buy24 GmbH ist durch den Relaunch funktional, gestalterisch und technisch auf die aktuellen und kommenden Anforderungen an e-Shopping-Malls ausgerichtet und damit im zunehmenden E-Commerce-Wettbewerb gut positioniert. Die Sites etablieren sich auf Basis dieses Relaunches insbesondere für die Zielgruppe der Gelegenheits-User zunehmend als Anlaufpunkt für E-Commerce. Zusätzlich hat sich der Internet-Auftritt der 24Buy24 GmbH durch seine vertrauensbildende Emotionalität der Gestaltung und durch Funktionalitäten zu einer der Lieblings-Sites der deutschen Presse im E‑Commerce-Bereich entwickelt.

Die Implementierung

Entwicklung von statischen, dynamischen und interaktiven Dokumenten mit direkter Anbindung an Datenbanken, sowie Einbindung der Daten in eine professionelle Cloud-Lösung.

Über das P.S. in der Mail war Philipp nur kurz irritiert, dann war ihm klar, was Thomas meinte. Der Seminarleiter an der Uni hatte immer größten Wert auf die Zielfindung in der Projektarbeit gelegt. Die untermauerte er mit einem Zitat aus Alice im Wunderland:

Auszug aus Walt Disneys Version von Alice im Wunderland

„Edamer Mieze“, begann Alice,
„würdest du mir bitte sagen, wie ich von hier aus weitergehen soll?“
„Das hängt zum großen Teil davon ab, wohin du möchtest“, sagte die Katze.
„Ach, das ist mir eigentlich gleich …“ sagte Alice.
„Dann ist es auch egal, wie du weitergehst“, sagte die Katze.
„… solange ich nur irgendwohin komme“, fügte Alice zur Erklärung hinzu.
„Dahin kommst du bestimmt“, sagte die Katze,
„wenn du nur lange genug weiterläufst.“

Na klar, wer sich nicht über seine Ziele im Klaren ist, kann sie kaum erreichen. In den Seminarunterlagen wurde das Thema Projektziele noch intensiver behandelt.

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